Psychodynamische Psychotherapie: Wie verstehendes Arbeiten Veränderung ermöglicht
- michaelarojko

- 12. Okt.
- 2 Min. Lesezeit
Psychotherapie ist ein Ort, an dem Menschen sich selbst auf eine neue Weise begegnen können. Besonders die psychodynamischen bzw. tiefenpsychologischen Verfahren bieten dafür Raum: Sie richten den Blick auf das, was unser inneres Erleben prägt – bewusst und unbewusst.
Viele Menschen spüren, dass ihre aktuellen Schwierigkeiten nicht „nur“ aus einzelnen Situationen entstehen, sondern mit tieferen Mustern, alten Erfahrungen und dem Umgang mit sich selbst zusammenhängen. Genau hier setzt diese therapeutische Richtung an.
Worum geht es in psychodynamischen Verfahren?
Psychodynamische Psychotherapie geht davon aus, dass wir im Laufe unseres Lebens innere Strukturen entwickeln: Überzeugungen über uns selbst, Strategien im Umgang mit Nähe und Distanz, Erwartungen an Beziehungen, aber auch Konflikte, die uns manchmal stärker steuern, als uns bewusst ist.
Diese Muster können hilfreich sein – oder uns im Erwachsenenleben einschränken. In der Therapie werden sie in einem geschützten und respektvollen Rahmen erkundet.
Zentrale Anliegen sind:
verstehen, warum sich bestimmte Gefühle oder Reaktionen immer wieder zeigen
unbewusste Anteile ins Bewusstsein holen
alte innere Konflikte bearbeiten
emotionale Freiheit und Selbstverständnis fördern
sich von überholten Mustern lösen
Es geht nicht darum, Schuld zu suchen, sondern Zusammenhänge zu erkennen – und dadurch neue Handlungsspielräume zu gewinnen.
Die Rolle der therapeutischen Beziehung
Ein wesentlicher Bestandteil psychodynamischer Arbeit ist die Beziehung zwischen Klient:in und Therapeut:in. Sie ist nicht einfach „Hintergrund“, sondern Teil des Veränderungsprozesses.
Im sicheren therapeutischen Rahmen können Gefühle, die sonst schwer zugänglich sind – etwa Verletzlichkeit, Ärger, Abhängigkeit oder Nähe – behutsam erforscht werden. Oft zeigen sich dabei alte Muster im Kontakt wieder, sodass sie besser verstanden und neu erlebt werden können.
Was geschieht in einer psychodynamischen Sitzung?
Psychodynamisches Arbeiten ist weniger strukturiert als verhaltenstherapeutische Ansätze. Das Gespräch entsteht aus dem, was die Person gerade beschäftigt – im Innen oder Außen.
Typisch sind:
freies Erzählen über Gedanken, Gefühle und Erlebnisse
gemeinsames Nachspüren, was hinter Reaktionen stehen könnte
Deutungen und Impulse der Therapeutin, die neue Sichtweisen eröffnen
Arbeit mit inneren Bildern, Beziehungserfahrungen und wiederkehrenden Mustern
Veränderung entsteht nicht durch schnelle Tipps, sondern durch wachsendes Verstehen und ein inneres Sortieren, das Zeit, Zuwendung und Tiefe braucht.
Beispiele für Therapieschulen
Zur großen Gruppe der psychodynamischen bzw. tiefenpsychologischen Verfahren zählen u. a.:
Individualpsychologie
Psychoanalyse
Analytische Psychologie
Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP)
Diese Verfahren unterscheiden sich in ihrer Methodik, teilen aber den gemeinsamen Fokus: Muster, Beziehungen und innere Dynamiken verstehbar zu machen.
Für wen ist diese Therapieform geeignet?
Psychodynamische Verfahren sind besonders hilfreich, wenn man merkt, dass Probleme „tiefer liegen“ oder immer wiederkehren. Häufige Gründe für eine Therapie sind etwa:
Schwierigkeiten in Beziehungen
wiederkehrende Muster, die sich schwer verändern lassen
Gefühle von Leere, Überforderung oder innerem Druck
Ängste ohne klar erkennbare Ursache
depressive Verstimmungen, Selbstwertthemen
psychosomatische Beschwerden
starke innere Konflikte oder ambivalente Gefühle
Schlafprobleme, innere Unruhe, Grübeln
Menschen, die nicht primär „Techniken“ suchen, sondern ein tieferes Verstehen ihres inneren Erlebens, fühlen sich hier meist gut aufgehoben.
Fazit
Psychodynamische Psychotherapie lädt dazu ein, hinter die sichtbare Oberfläche des Alltags zu blicken. Wenn wir verstehen, wie wir zu der Person wurden, die wir heute sind – mit unseren Gefühlen, Erwartungen und Mustern – entsteht die Möglichkeit, auf eine neue, freiere Weise zu leben.
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